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SEXUALISIERTE GEWALT GEGEN FRAUEN ALS KRIEGSSTRATEGIE
Aussendung Nr. 113, Herbst 2023

Sexualisierte Kriegsgewalt zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Sie passiert überall, jeden Tag auf der Welt. UN-Generalsekretär António Guterres listet in seinem Bericht vom April 2022 insgesamt 49 staatliche und nicht-staatliche Akteure, die gegen- wärtig sexualisierte Kriegsgewalt ausüben. Zu den Tätern zählen Angehörige von Militär, Polizei und bewaffneten Gruppen, aber auch Zivilpersonen. Die Opfer sind zu 97% weiblich. Aber auch queere Menschen, nicht-binäre und trans Personen sowie Jungen und Männer sind der Gewalt ausgesetzt.

Die Bilder der nackten Frauenleichen in der zerstörten Stadt Butscha, nahe Kiew, gingen um die Welt. Nicht nur in Butscha, sondern in allen von Russland besetzten Gebieten verüben Soldaten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, denn das ist sexualisierte Gewalt laut dem internationalen Strafgerichtshof. Systematische Vergewaltigungen erfüllen den Tatbestand des Genozids.

Amnesty International warnt, dass die Situation für Frauen in der Ukraine immer gefährlicher wird. Im zweiten Jahr der russischen Invasion häufen sich die Berichte geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt. Frauen leiden unter der Brutalität des Krieges als Soldatinnen und Kämpferinnen, Krankenschwestern und Ärztinnen, Freiwillige, Friedensaktivistinnen, Betreuerinnen für ihre Familien und Gemeinden, als Binnenvertriebene, als Geflüchtete, als Todesopfer und als Überlebende.

Die ukrainische Aktivistin Kateryna Cherepakha hat vor dem UN-Sicherheitsrat über die Situation der Frauen berichtet. Sie dokumentiert Entführungen, Massenvergewaltigungen und Missbrauch vor den Augen von Familienmitgliedern. Cherepakha betont, welche entscheidende Rolle Frauen für eine demokratische Gesellschaft haben, ihre Stärke ist für autoritäre Machthaber bedrohlich - das gilt ebenso für die mutigen protestierenden Frauen im Iran, in Afghanistan, im Kongo und weltweit.

Laut den Vereinten Nationen gibt es ausreichend Hinweise, dass sexuelle Misshandlungen durch russische Truppen in der Ukraine systematisch und als Kriegswaffe eingesetzt werden. Das bedeutet, dass Vergewaltigungen und andere Formen der Folter speziell gegen Frauen und Kinder eingesetzt werden, um die Bevölkerung zu terrorisieren, zu demoralisieren und zu demütigen. Menschen sollen so gezwungen werden, das Land zu verlassen.

Für die Betroffenen bedeutet sexualisierte Gewalt eine schmerzvolle, demütigende und zerstörerische Erfahrung. Oftmals wird ihr Leid jedoch nur thematisiert, um es politisch und medial zu skandalisieren und zu instrumentalisieren.
Exemplarisch konnten wir dies im Bosnienkrieg sehen. So sorgten die Massenvergewaltigungen von muslimischen Frauen und Mädchen kurz-fristig für internationale Empörung. Der internationale Aufschrei führte jedoch nicht dazu, dass Frauen an den Friedensverhandlungen von Dayton beteiligt oder die Rechte von Überlebenden im Friedensabkommen erwähnt wurden. Vielmehr wurden die Betroffenen mit den Folgen der Gewalt allein gelassen. Sie wurden gesellschaftlich stigmatisiert und ausgegrenzt. Noch heute leiden viele unter den Langzeitfolgen. Auch in anderen Kriegen zeichnen sich ähnliche Muster ab. Umso wichtiger ist es deswegen, dass es langfristige Aufmerksamkeit für das erlebte Unrecht und dauerhafte Unterstützung für Überlebende gibt.

Frauen in der Ukraine werden mit zunehmender geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt konfrontiert und müssen gleichzeitig für ihre Familien sorgen und Entscheidungen über Leben und Tod treffen. Amnesty International fordert die internationale Gemeinschaft daher auf, Frauen inmitten des russischen Angriffskrieges zu stärken und zu unterstützen. Gleichzeitig müssen die Täter der Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Sexualisierte Gewalt darf nicht straffrei bleiben. Frauenrechte sind Menschenrechte, wir tragen Mitverantwortung, sie in jedem Land der Welt durchzusetzen. Für internationale feministische Solidarität!

„Ohne Freiheit kein Frieden, ohne Recht keine Gerechtigkeit!“

Die ukrainische Juristin Oleksandra Matwijtschuk dokumentiert mit der Organisation Center for Civil Liberties seit Jahren Kriegsverbrechen in der Ukraine, um Wladimir Putin eines Tages doch noch vor ein internationales Strafgericht stellen zu können. Gemeinsam mit der russischen (und von Putin verbotenen) NGO Memorial und dem bela- russischen Anwalt Ales Bjaljazki erhielt sie 2022 dafür den Friedensnobelpreis. Sie hat zahlreiche Belege dafür gesammelt, dass russische Soldaten die Vergewaltigung von Frauen in der Ukraine gezielt als Waffe im Krieg einsetzen. Oleksandra Matwijtschuk hielt heuer am 9. Mai die Eröffnungsrede der Wiener Festwochen am Judenplatz. Ihre Rede an Europa trägt den Titel: „Ohne Freiheit kein Frieden, ohne Recht keine Gerechtigkeit“.

Hier finden Sie die Rede als Video und Podcast: https://www.festwochen.at/eine-rede-an-europa

BETTINA ZEHETNER

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Mental Load und
wirklich Gleichberechtigte Elternschaft - Ein Rückblick

Aussendung Nr. 112, Frühjahr 2023

2022 konnte Frauen* beraten Frauen*, gefördert durch das Bundes- kanzleramt, ein äußerst erfolgreiches Gewaltschutzprojekt durchführen.
Nach bereits 2 Jahren Pandemie und der spürbaren Erschöpfung der Care-Arbeitenden, insbesondere Müttern, war es uns ein Anliegen, den Begriff „Mental Load“ in die Welt hinaus zu tragen. Mental Load meint die Last der unsichtbaren Aufgaben in einer Familie, die in erster Linie auf den Schultern einer Person lasten. Es ist nicht nur die Durchführung einer Tätigkeit (z.B. kochen), sondern all das, was unsichtbar dahinter liegt. Also überlegen, was gekocht werden soll, sich Gedanken über gesunde Ernährung machen, zu planen, wann eingekauft wird und am Schirm zu haben, was überhaupt gebraucht wird. All das wird in erster Linie von Frauen* verrichtet, unsichtbar und unbezahlt. 24/7, ohne Urlaub und ohne Pausen.Die meisten Paare streiten über die Durchführung der Tätigkeiten, und sehen gar nicht, dass das, was so frustriert, in Wirklichkeit die Denkarbeit und die fehlende Verantwortungsübernahme ist.
In der Regel reduzieren Mütter ihre Erwerbsarbeit zugunsten der un- bezahlten Care-Arbeit und übernehmen dadurch automatisch die Verantwortung für die (emotionale) Versorgung der Kinder. Sie wissen dadurch besser, was die Kinder benötigen und sind besser in den Belangen der Familienorganisation. Väter fokussieren sich auf die Erwerbsarbeit und auf die finanzielle Verantwortung für die Familie. Dies hat Auswirkungen auf die Paarbeziehung und auch auf die Beziehung zu den Kindern.
Teil des Projekts waren zahlreiche Online- und Präsenz-Vorträge, in denen wir Bewusstsein schaffen und einen Raum für Austausch bieten. Die Resonanz und das positive Feedback waren überwältigend. Viele Frauen* schrieben uns, wie dankbar sie darüber sind, endlich einen Begriff für diesen Zustand zu haben. Und wir erlebten, wie wenig Frauen* selbst bewusst ist, wie viel sie in der Familienorganisation arbeiten. Denn es wird gesellschaftlich nach wie vor erwartet, dass Frauen* das alles mit viel Liebe und einfach „nebenbei“ tun.
Bewusstwerdung ist der erste Schritt zur Änderung. Das erlebten wir auch in den drei Paarworkshops, die Erich Lehner vom DÖM (Dachverband für Männer-, Burschen- und Väterarbeit in Österreich) und ich gemeinsam konzipiert und durchgeführt haben. Wir haben erlebt, wie schwer es für Paare wirklich ist, gleichberechtigte Elternschaft zu leben. Denn wie wir die Rollen als Vater* und Mutter* leben ist zum Großteil kulturell bedingt und tief in uns verankert. Um Gleichberechtigung in Beziehungen zu leben, erfordert es ein Umdenken und eine Reflexion der verinnerlichten Rollenbilder - auf beiden Seiten.
In familienrechtlichen Verfahren wird Frauen* häufig „Bindungsintoleranz“ vorgeworfen, Frauen* wird geraten, sie müssten den Vätern nach einer Trennung nur mehr zutrauen. Die Verantwortung für das Gelingen der Vater*-Kind-Beziehung wird wieder an die Mutter* abgegeben.
Ausgeblendet wird dabei, dass auch Väter eine Verantwortung für die Bindung zu ihren Kindern haben, dass sie aktiv daran beteiligt sind, wie sie ihre Vaterrolle leben und welche Bindung daraus resultiert.
Gleichberechtigte Elternschaft kann nicht per Zwang nach einer Trennung verordnet werden, gleichberechtigte Elternschaft muss von Beginn an gelebt werden. Denn nur so erlangen Frauen* die Sicherheit, dass die Kinder beim anderen Elternteil gut versorgt sind.
In 3 Workshops für Multiplikator*innen haben wir unser Wissen weiter-gegeben, denn auch unter Berater*innen gibt es noch zu wenig Wissen über dieses Thema und auch feministische Berater*innen schlittern häufig in die vorgegebene traditionelle Rollenverteilung.
Außerdem haben wir aktiv Medien- und Öffentlichkeitsarbeit gemacht, einen eigenen Instagram-Account ins Leben gerufen, eine facebook-Seite eröffnet, eine Medien-Kampagne gestartet und ein Kurzvideo erstellen lassen, das Sie unter „Mental Load Award“ auf YouTube finden.
Mental Load ist kein Problem von Frauen*, es ist ein Thema von Paaren und letztlich ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag.
Wir bleiben auf jeden Fall am Thema dran und werden auch heuer einige Veranstaltungen durchführen.

Weitere Infos finden Sie auch auf Instagram www.instagram.com/mental.load.award/ und Facebook www.facebook.com/Frauen-beraten-Frauen-143528925719891/

BARBARA SCHRAMMEL

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Feministische Beratung stärkt Frauen* gegen Gewalt
Aussendung Nr. 109, Herbst 2021

Alle 2021 an Frauen begangenen Morde in Österreich richteten sich gegen die (Ex-)Partnerin. Der gefährlichste Ort für Frauen ist ihr eigenes Zuhause, ihre Partnerschaft - das ist immer noch ein Tabu, von dem gerne abgelenkt wird mit dem Mythos der von “den Fremden” importierten Gewalt.

Gewalt beginnt schon lange vor dem Mord. Jeder dieser Frauenmorde hat eine Vorgeschichte. Gewalttäter testen aus, wie weit sie gehen können Es beginnt meist mit diffusem Unbehagen, subtiler Kontrolle und psychischer Gewalt – Einschüchterungen, Beschimpfungen, Demütigungen, Gaslighting, Drohungen (oft verschärft durch ökonomische Abhängigkeit) – Hier müssen wir ansetzen, um Gewalt wirksam und nachhaltig zu verhindern.

Frauen*beratung setzt lange vor der Eskalation an und bietet rechtzeitig präventiv wirkungsvolles Empowerment. Wir bieten schon im frühen Stadium von Besitzdenken, Kontrolle und psychischer Gewalt Unterstützung, um das gewaltvolle Verhalten rechtzeitig als solches zu erkennen und sich vor weiteren Übergriffen zu schützen. Die betroffenen Frauen finden in der Frauen*beratung den notwendigen Raum zum Nachdenken, niederschwellig und ohne Bewertung, frei von Maßnahmen und Sanktionen, auf Wunsch anonym. Frauen*beratung wirkt gegen Isolation und Verleugnung und fördert eine realistische Perspektive auf die Gefährlichkeit des Täters. Mit unserem interdisziplinären Team bieten wir Gewalt betroffenen Frauen Ausstiegshilfe und Trennungsbegleitung von der Entscheidungsphase über die Durchsetzung rechtlicher Regelungen bis hin zur Nachbetreuung von Sorge- und Kontaktrechtsvereinbarungen.

Gewalt durch den Partner ist immer noch ein Tabu. Sehr viele Frauen sprechen in der Frauen*beratung zum ersten Mal über die Gewalt, die sie erleiden. Besonders in der Onlineberatung äußern viele Ratsuchende die Frage: “Ist das normal oder ist das schon Gewalt?” Viele halten jahrelang die Fassade einer heilen Beziehung aufrecht und funktionieren trotz massiven Leidensdrucks. Erst in der geschützten Atmosphäre der Beratungsstelle ist es vielen Frauen möglich, die erlebte Gewalt zu benennen. Dieses Erkennen und Benennen stellt den ersten wichtigen Schritt für eine Veränderung dar. Es geht um frühzeitiges Bewusstwerden und um ein Entkommen aus der Vereinzelung: “Ich bin nicht schuld an der Gewalt, die ich erlebe und ich bin nicht allein damit.”

Viele der in Österreich ermordeten Frauen wollten ihren Partner schützen, ihn nicht durch Trennung verletzen oder ihm durch eine Anzeige schaden.

Frauen*beratung stärkt Frauen in ihrem Selbstwert und ermöglicht ihnen – oft nach Jahren der Verunsicherung durch den Partner – der eigenen Wahrnehmung wieder zu vertrauen, das eigene Bedürfnis nach Sicherheit ernst zu nehmen und dementsprechend zu handeln. Der Reflexionsprozess ermöglicht der Ratsuchenden eine neue Perspektive: Sie darf und soll sich schützen. Sie darf und soll Grenzen setzen. Sie darf die Beziehung beenden und damit auch ihre Kinder vor weiterem Miterleben von Gewalt schützen. Schweigen schwächt, darüber reden stärkt.

In einer Frauen*beratung können Sie offen darüber sprechen, was Sie belastet. Sie können sich Zeit nehmen, über sich nachzudenken und müssen nicht gleich eine Entscheidung treffen.
Frauen*beratung bietet einen ruhigen Raum zum Nachdenken über Ihre Situation mit einer Beraterin, die Sie zu nichts drängt. In der Frauen*beratung passiert nichts gegen Ihren Willen und es werden keine Informationen an Dritte weitergegeben. Sie können anonym kommen und sich aussprechen oder uns in der Onlineberatung schreiben - „schreiben wirkt“.

Parteiliche feministische Beratung heißt, dass die Beraterin auf Ihrer Seite steht, Sie ernst nimmt, Ihnen glaubt und Sie in dem unterstützt, was Sie selbst wollen. Auch wenn Sie noch nicht genau wissen, was Sie wollen und auch wenn Sie Ihr Problem noch nicht genau benennen können, sind Sie in der Frauen*beratung richtig. Sie finden hier Unterstützung dabei, herauszufinden was Sie wollen und brauchen. In der Frauen*beratung geht es um Ihre Bedürfnisse.
Die Frauen*beratung ist ein Ort, an dem Sie nicht „funktionieren“ müssen. Sie dürfen hier all Ihre Gefühle zeigen, Ihren Schmerz, Ihre Verzweiflung und Hilflosigkeit genauso wie Ihre Wut und Ihren Zorn. Eine Sprache für das Erlebte zu finden entlastet und hilft dabei, wieder neu handlungsfähig zu werden. Gemeinsam mit einer Beraterin können Sie einen neuen Blick auf Ihre Situation werfen und Lösungsmöglichkeiten entwickeln, an die Sie allein noch nicht gedacht haben.

Sie sind nicht schuld an der Gewalt, die Sie erleben!
Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt.
Verantwortlich für die Gewalt ist immer die Gewalt ausübende Person, niemals liegt die Verantwortung bei derjenigen, gegen die sie gerichtet ist und die sie erleidet.
Sie dürfen und können sich wehren und schützen.
Sie haben das Recht auf ein Leben frei von Gewalt!
Wir unterstützen Sie auf dem Weg dorthin.

BETTINA ZEHETNER

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Mental Load - Wenn die unsichtbaren Aufgaben des
Familienmanagements zur völligen Erschöpfung führen

Aussendung Nr. 108, Frühjahr 2021

Wenn wir über gleichberechtigte Elternschaft reden ist es unabdingbar, sich auch mit dem Thema Mental Load zu beschäftigen. Gemeint ist damit die Last der unsichtbaren Aufgaben im ”Unternehmen Familie”, welche auf den Schultern einer Person lastet. Im Normalfall auf den Schultern der Frauen*. Es ist nicht nur das Abarbeiten von notwendigen Tätigkeiten, die sich in einer Familie ergeben, sondern vor allem auch das daran Denken, das Planen, Organisieren und Umsetzen.

Mental Load umfasst die Care-Arbeit (Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege von älteren Angehörigen, das sich Kümmern um diese...), die Organisation des Familienalltags (Finanzen, Auto, Urlaubsplanung, Organisation der Haushaltshilfe, Planung der Kinderbetreuung...) und nicht zu vergessen den anstehenden Kindergeburtstag, die Osterfeier oder das Sommerfest im Kindergarten.

Frauen* planen und organisieren das Familienzusammenleben, sie denken daran zu kontrollieren, ob die Kinderschuhe und das Gewand noch passen, ob das Wechselgewand im Kindergarten ist, recherchieren über Beikost und Barfußschuhe, die ergonomische Babytrage, kümmern sich um einen Ersatz, wenn die Kinderbetreuung ausfällt, organisieren die Haushaltshilfe, haben im Blick, welche Lebensmittel gebraucht werden, was gekocht wird, wann die Bettwäsche gewechselt werden muss, dass das Kind einen Klebstoff für den Werkunterricht benötigt, überlegen ob das Kind altersgerecht entwickelt ist oder vielleicht doch eine Förderung benötigt, planen Sozialkontakte und Playdates, haben den Schulstoff der Kinder im Blick und wissen, wann die Kinder was für die Schule tun sollten, sehen im Vorbeigehen, ob der Windelvorrat knapp wird bzw. die nächste Größe gekauft werden muss, denken an den Geburtstag der Schwiegermutter und überlegen sich dazu auch noch welches Geschenk ihr Freude bereiten könnte. Ihnen raucht der Kopf? Den meisten Müttern, die zu uns in die Beratungsstelle kommen, auch. Diese Liste lässt sich übrigens noch endlos fortsetzen. Jede dieser Aufgaben für sich bedarf nicht sehr viel Zeit, es ist aber die Summe dieser vielen Denk- und Planungstätigkeiten, die viel zu viel sind.

Es lindert den Mental Load nicht, wenn Männer* bei diesen Aufgaben „mithelfen“. Sie müssten sich selbst für all diese Dinge verantwortlich fühlen und einzelne Bereiche ganz übernehmen.

Um aus dieser Überforderung heraus zu kommen tendieren Frauen* dazu, sich selbst permanent zu optimieren. Denn die Botschaft unserer Gesellschaft lautet nach wie vor, dass Mütter für all diese Tätigkeiten zuständig sind. Daher lesen Frauen* Haushaltsratgeber, bestellen Kinderkleidung online auf dem Weg in die Arbeit, misten aus nach Marie Kondo, verbinden Wege mit Besorgungen, erstellen Wochenessenspläne und To-Do-Listen, werden unglaublich effizient in ihrer Planung - und schaffen trotzdem nicht alles. Sie leiden unter Dauerstress und einem nie endenden schlechten Gewissen. Die Listen werden immer länger, die eigenen Bedürfnisse immer mehr ignoriert, um möglichst gut für alle anderen zu funktionieren.

Denn ein weiterer Punkt beim Mental Load ist die Tatsache, dass sich Frauen* überwiegend alleine für die Gefühlsarbeit zuständig fühlen und diese auch ausführen. Sie fühlen sich für die Harmonie in der Familie verantwortlich, und dafür, dass es allen Personen in ihrem Umfeld gut geht. Auch heute noch wird das, wenn auch oft subtiler, von Mädchen erwartet. Sich kümmern um andere, eigene Bedürfnisse zurückstecken, empathisch sein, nachgiebig und ausgleichend bei Konflikten zu handeln. Dies führt dazu, dass Mütter permanent ihren Ärger darüber, dass ihre Partner sich nicht für das Familienmanagement verantwortlich fühlen und Aufgaben nicht sehen, hinunterschlucken.

Während der Corona Pandemie wird durch Kindergarten- und Schulschließungen dieses Ungleichgewicht noch verstärkt, die Last, die Frauen tragen, nochmal schwerer. Der Mental Load ist kein Problem von Einzelnen, es ist ein strukturelles Problem, das politische Lösungen benötigt.

Wird der Mental Load nicht geteilt, hat es zur Folge, dass die Person, welche die mentale Last trägt, immer erschöpfter, frustrierter und unzufriedener wird. Für ihre eigenen, aber auch für die Bedürfnisse der Paarbeziehung bleibt weder Energie noch Zeit. Mit dem Resultat, dass sie von ihrem Partner noch kritisiert wird, weil sie ständig nörgelt und unzufrieden ist. Ein Kreislauf, der nur unterbrochen werden kann, wenn die mentale Last sichtbar gemacht und aufgeteilt wird. Und das lohnt sich tatsächlich für alle Beteiligten in einem Familiensystem!

Literaturempfehlungen:
Laura Fröhlich: Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für Alles
Patricia Cammerata: Raus aus der Mental Load Falle
Bettina Zehetner: Reparaturprojekt Mann - Erholungsgebiet Frau

MENTAL LOAD
Wenn die ungleiche Verteilung des Familienmanagements Frauen* in die völlige Erschöpfung zwingt

Vortrag mit Diskussionsmöglichkeit und Austausch

BARBARA SCHRAMMEL

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Was tun bei Kontaktrechtsproblemen?
Aussendung Nr. 108, Frühjahr 2021

Was dürfen Sie als hauptbetreuender Elternteil (= Domizilelternteil) und was nicht?

Kontaktrecht und Corona

Persönliche Kontakte zwischen Eltern und Kindern sind trotz der aktuellen Corona-Krise weiterhin zulässig. Dabei müssen die gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden. So wird natürlich kein persönlicher Kontakt zu oder von einem Vater zulässig sein, der sich in Quarantäne befindet. Auch dann nicht, wenn sich besonders gefährdete (alte oder vorerkrankte) Personen dort aufhalten, wo der Besuch stattfinden soll. In diesen Fällen müssen die Kontakte aktuell durch Telefonate oder elektronische Kommunikation (z.B. Skype, ZOOM) erfolgen.

Nicht zuletzt, und das wird von Väterseite mitunter nicht so gesehen, ist das Wohl des Kindes und nicht das des kontaktberechtigten Elternteiles entscheidend.

Gerne bieten wir Ihnen für Ihre individuelle Fragestellung juristische und psychosoziale Beratung persönlich, telefonisch oder über unsere Onlineberatung an.

Alles was Recht ist
Vortrag mit Diskussionsmöglichkeit

BARBARA STEKL

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Alles was (Unterhalts)Recht ist
Halbe halbe Betreuung - fallen die Alimente weg?

Aussendung Nr. 102, Frühjahr 2018

Eine häufige Frage in der Beratung ist, ob die Alimente ganz wegfallen, wenn der Kindesvater über das übliche Kontaktrecht hinaus die Kinder betreut. Das wird jedenfalls oft von Vätern behauptet. Welche Betreuungszeiten umfasst das übliche Kontaktrecht? Das übliche Kontaktrecht umfasst alle 14 Tage am Wochenende und einen Tag unter der Woche sowie 4 Wochen in den Ferien. Wenn das Kontaktrecht in diesem Ausmaß ausgeübt wird, dann gibt es keine Reduktion der Alimente.
Alimente fallen jedoch nicht automatisch weg, wenn die Kinder gleichermaßen von beiden Elternteilen nach einer Trennung/Scheidung betreut werden. Dazu sagt die aktuelle Rechtsprechung Folgendes:
Voraussetzungen dafür, dass die Alimente ganz wegfallen und das „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“ zur Anwendung kommt sind:

  1. eine gleichwertige Betreuungssituation (im engeren Sinn),
  2. dass die sonstigen den kindlichen Bedarf deckenden Naturalleistungen von beiden Elternteilen annähernd gleichwertig erbracht werden und
  3. zudem das maßgebliche Einkommen der Eltern halbwegs gleich hoch ist. Ein ins Gewicht fallender Einkommensunterschied führt zu einem Restgeldunterhaltsanspruch des Kindes. Was bedeutet das? Wenn Ihr Mann entsprechend mehr als Sie verdient, dann besteht trotzdem ein Alimentationsanspruch, wenn auch in geringerer Höhe.

Das betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell
(200 zu 160 Betreuungstage)


Betreut und versorgt der geldunterhaltspflichtige Elternteil das Kind im Rahmen des üblichen Kontaktrechts in seinem Haushalt, hat dies keine Auswirkungen auf seine/ihre Unterhaltspflicht. Üblich ist nach der ständigen Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also an etwa 80 Tagen pro Jahr.
Ein die übliche Dauer überschreitendes Kontaktrecht führt nach der Rechtsprechung häufig zu einer Reduktion der Geldunterhaltspflicht um 10% bis 20% pro weiterem Wochentag der Betreuung.
Je mehr sich die Situation allerdings einer gemeinsamen gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern annähert, umso weniger wird ein Prozentabzug pro zusätzlichem Kontakttag zu unterhaltsneutralen Tagen den wechselseitigen Leistungen gerecht.
Die jüngere Rechtsprechung tendiert in den Fällen, in denen beide Elternteile gleichwertige bedarfsdeckende Naturalleistungen und Betreuungsleistungen erbringen und über vergleichbare Einkommen verfügen, zum „betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell“, bei dem die Unterhaltsbefreiung, die §231 Abs 2 ABGB an die die Betreuung knüpft, nicht mehr allein dem hauptbetreuenden Elternteil zugute kommt, sondern die Unterhaltsbelastung im Verhältnis von Leistungsfähigkeit und Betreuungslast auf beide Elternteile aufgeteilt wird.
Zusammengefasst bedeutet das: Wenn beide Eltern das Kind gleichwertig betreuen und auch gleichwertige Naturalleistungen erbringen, dann besteht kein Geldunterhaltsanspruch. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das Einkommen der Eltern in etwa gleich hoch ist. Wenn ein Elternteil überwiegend neben der Betreuung im Haushalt zusätzlich die notwendigen Aufwendungen für Bekleidung, Schuhe und größere längerlebige Anschaffungen tätigt, führt dies zu einem Ausgleichsanspruch gegenüber dem weniger leistenden Elternteil. Das heißt, es fallen in geringerem Ausmaß Alimente an.
Sammeln Sie sämtliche Rechnungen von Ausgaben für Ihre Kinder (Kleidung, Schuhe, Schulsachen etc.), denn dies kann im Bedarfsfall, also wenn es um die Berechnung der Alimente geht, wertvoll sein.
Für eine nähere Einschätzung Ihrer individuellen Situation empfiehlt sich eine persönliche Beratung.

BARBARA STEKL


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Frauen* beraten Frauen*

Was bedeuten die *Sternchen* in unserem Logo? Wir wollen damit den Begriff „Frauen“ erweitern und die Vielfalt sichtbar machen, die in dieser Bezeichnung stecken kann. Wir wollen den Begriff „Frau“ aus seiner Selbstverständlichkeit lösen und deutlich machen, dass es sehr viel Unterschiedliches bedeuten kann, „Frau“ zu sein oder als solche bezeichnet zu werden. Viele fühlen sich nicht angesprochen, wenn weiße, privilegierte Feministinnen über „Wir Frauen“ reden. Nicht alle Menschen mit „weiblichen“ Körpermerkmalen wollen als Frau adressiert werden und manche Menschen mit nicht offensichtlich „weiblichem“ Aussehen erleben sich als Frau. In Anerkennung der Differenz (der Titel unseres Sammelbands zu feministischer Beratung und Psychotherapie) plädieren wir für selbstbestimmte Bezeichnungen.
Worte sind lebendig, wir können uns Begriffe durch neue Verwendungsweisen aneignen. Hier gibt es viele kreative Möglichkeiten. Die „riot grrrlz“ machen das Knurren sichtbar, das vielen Mädchen* und Frauen* ein Bedürfnis ist, um den verniedlichenden Ausdruck „girl“ neu zu deuten: Verniedlichung kann wütend machen, grrrlz können laut sein und herausschreien, was sie stört und was sie stattdessen wollen.
Sprache schafft Wirklichkeit. Im Sprechen, Benennen oder Verschweigen bringen wir eine bestimmt soziale Realität hervor. Darum ist es auch so wichtig, Frauen zu benennen und sie nicht hinter angeblich allgemeinen, tatsächlich jedoch männlichen Bezeichnungen zu verstecken. Ich bin als Frau weder angesprochen noch „mitgemeint“, wenn ich von Bürgern, Professoren und Präsidenten lese. Ich bin als Frau sehr wohl sichtbar, wenn ich von BürgermeisterInnen, Pilot_innen und Nobelpreisträger/innen lese.
Solidarität unter Frauen* ist uns weiterhin wichtig. Solidarität muss aber nicht auf einer gemeinsamen Identität beruhen (die Andersartige ausschließt), sondern Solidarität kann aus gemeinsamen Zielen entstehen: strategische Bündnisse für bestimmte Anliegen, für den Abbau von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Herkunft oder der körperlichen Fähigkeiten, für ein selbstbestimmtes Leben.

BETTINA ZEHETNER


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Broschüre zum Thema "Frauen und Armut"

Titelbild der Broschuere Frauenarmut

Zum Ende des Jahres 2010 brachte die Arbeitsgruppe "Frauen und Armut" eine Broschüre mit dem Titel "Märchen und Wahrheit über Frauenarmut" heraus, die in mehrere Sprachen übersetzt wurde.

Auf unserer Seite können Sie die Broschüre als PDF-Datei downloaden:

Download: "Märchen und Wahrheit über Frauenarmut" - Broschüre in deutscher Sprache
Download: "Women and poverty - fairy tales and reality" - Broschüre in englischer Sprache
Download: "Kadınların fakirligi hakkında masallar ve gerçekler" - Broschüre in türkischer Sprache
Download: "Bajke i istina o siromaštvu žena" - Broschüre in bosnisch-kroatisch-serbischer Sprache


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Feministische Beratung: Politik statt Pathologisierung
Aussendung Nr. 95, Herbst 2014

Die aktuelle Situation ist gekennzeichnet durch rhetorische Gleichheit und Verschleierung tatsächlicher Hierarchien. Einer erstaunlich stabilen Geschlechterordnung stehen gleichzeitig immer flexiblere Geschlechterrollen gegenüber. Gut bezahlte und unbezahlte Arbeit ist nach wie vor sehr ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt. Der Druck durch die Mehrfachbelastung von Frauen steigt auch durch den neoliberalen Mythos: Glück und Gesundheit sei ein Produkt persönlicher Leistung. Die „work-life-balance“ erscheint als individuelle Herausforderung, aber strukturelle Probleme sind nicht auf der individuellen Ebene zu lösen.
Emanzipatorische Beratung will dazu anregen, Anforderungen in Frage zu stellen anstatt allen Normen zu entsprechen und reibungslos zu funktionieren.

Eine feministische Haltung stellt die Dichotomie Krankheit - Gesundheit in Frage: Krank macht die Anpassung an überfordernde Verhältnisse, widersprüchliche Geschlechternormen und Rollenerwartungen. Krankheit als Verweigerung von Anpassung kann ein Zeichen psychischer Gesundheit sein.

Feministische Beratung setzt der Pathologisierung von Frauen die Politisierung individueller Problemlagen entgegen. Das Benennen gesellschaftlicher Bedingungen von Problemen und Erkrankungen entlastet und bietet eine Möglichkeit, der Vereinzelung und Selbstbeschuldigung, dem Gefühl von persönlichem Versagen zu entkommen. Das Bewusstmachen gesellschaftlicher Strukturen als Ursache für Überforderung, Kränkung und Krankheit eröffnet neue Perspektiven auf die eigene Handlungsfähigkeit und neue Gestaltungsmöglichkeiten von Weiblichkeit und Männlichkeit.

Auch feministische Psychotherapie ist kein Rückzug in die Innerlichkeit, keine apolitische Reparaturwerkstätte, sondern will eine kritische Perspektive im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung bewahren - „Therapie als Aufklärungsraum und Gegenentwurf, keine Fürsorgestation“ Christina Thürmer-Rohr. Gefordert ist die Selbstreflexion unserer eigenen impliziten normativen Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit als Berater_innen und Therapeut_innen, um nicht nur die bestehende Geschlechterordnung zu reproduzieren, sondern den Blick jenseits der Entweder-Oder-Dichotomie zu erweitern. Genderspezifisches Wissen und genderkritische Kompetenz soll in die psychotherapeutischen und medizinischen Curricula integriert werden.

Der Körper als Austragungsort gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist auch eine relevante Perspektive für die Medizin und fordert eine Transformation des schulmedizinischen Modells: Das Einbeziehen gesellschaftlicher und kultureller Entstehungsbedingungen von Erkrankungen, die Erweiterung individuum- und familienzentrierter Therapiekonzepte um die soziale Dimension der Normen von Gesundheit und Krankheit, Weiblichkeit und Männlichkeit. Statt „Diese Frau ist krank“: Was macht diese Frau krank? Was stärkt ihre Resilienz, ihren Widerstands- und Widerspruchsgeist gegen krankmachende Anforderungen?

Ziel feministischer Beratungsarbeit ist nicht die bloße Symptombeseitigung und das Funktionieren im bestehenden System, sondern die Erweiterung von Lebens- und Handlungsmöglichkeiten. Was stärkt: Neugier auf neue Möglichkeiten, Weiblichkeit und Männlichkeit zu leben, Entdeckungslust, Weltoffenheit, Leidenschaften außerhalb der Beziehungsorientierung des Für-den-anderen, über die Ich-als-Teil-eines-Paars-Ideologie hinaus. Nicht-geschlechterrollenkonformes Verhalten ist gesundheitsfördernd – für Frauen ebenso wie für Männer. Wir sind oder haben nicht einfach ein Geschlecht, sondern wir bringen es beständig hervor, im Umgang miteinander, geleitet von Normen und Diskursen. Mehr Wissen und Bewusstsein darüber, wie wir „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ im Alltag „produzieren“ und verkörpern, erweitert unsere Handlungsfähigkeit – als Ratsuchende und als Berater_innen. Im Bewusstsein: „Ich stelle ‚Weiblichkeit’ her“ wird diese Herstellung auch anders, selbstbestimmter als bisher, denkbar.
So kann feministische Theorie zu einer emanzipatorischen Praxis psychosozialer Beratung beitragen.

BETTINA ZEHETNER

VORTRAG UND DISKUSSION

Im Rahmen der Fachkonferenz „Resilienz im Fokus: Was stärkt Frauen?“ am 26. September 2014 im Wiener Rathaus halten Dr.in Bettina Zehetner und Dr.in Gerlinde Mauerer einen Vortrag zum Thema „Feministische Beratung und Bildung: Politik statt Pathologisierung“.





„Nimm du die Sorge – ich behalte das Recht“
Katja Russo Frauen* beraten Frauen*

Die familienrechtlichen Entwicklungen der letzten Jahre haben für Mütter die von den Kindesvätern getrennt leben zu gravierenden Veränderungen, Verunsicherungen und in konflikthaften Fällen zu Verschlechterungen und hoher Belastung geführt.

Frauen durchleben Schwangerschaft, Geburt und danach oft längere Karenzzeiten. Sie wählen berufliche Laufbahnen die ihnen am ehesten mit Kinderbetreuung und Familie vereinbar erscheinen. arbeiten Teilzeit, ziehen Beförderungen, berufliche Weiterentwicklungen und viele Arten der persönlichen Entfaltung nicht in Betracht um ihre Rolle als Mutter und Partnerin besser ausfüllen zu können.

These 1: Die lebensgestaltenden Entscheidungen von Frauen zugunsten der Verantwortungs- und Betreuungsübernahmefür Kinderund ihre Familie, die tatsächlich gelebte Lebensrealität in Familienwird in der derzeitigen Judikatur vielfach ignoriert.

Das Nicht-Anerkennen von weiblicher Leistung und weiblicher Spezifität ist keineswegs neu. Im Gegenteil es ist Fortsetzung , ja sogar Verschärfung des patriarchalen Prinzips der Verleugnung, Ausblendung und Entwertung, der Leistungen und Lebensrealitäten von Frauen.

Die Folgen auf psychologischer Ebene sind bekannt: Depression, Selbst- und Fremdentwertung, Ängste, Verzweiflung, Erschöpfung, Wut und Scham,....

These2: Gewalt gegen Frauen ist für die gerichtlichen Entscheidungen zu Obsorge und Kontaktrecht der Väter wenig relevant.

Vielfach erzählen betroffene Frauen die durch ihre Partner und Kindesväter Gewalt erfahren haben, dass Druck auf sie ausgeübt wird den Forderungen der Väter zu entsprechen. Mit Sätzen wie „Das was früher war ist hier nicht relevant – wir konzentrieren uns auf die Gegenwart.“ werden Frauen zum Schweigen gebracht.

Das Nicht ernstnehmen, ausblenden, ja sogar sanktionieren des Sprechens über Gewalterfahrungen ist für Opfer katastrophal. Es entsteht der Eindruck, dass ihnen nicht geglaubt wird, dass egal was sie erlebt haben, die Meinung des Täters immer wirkmächtiger ist.

These 3: Die verschiedenen Formen der Vorteilsnahme von Vätern in Kontaktrechts- und Obsorgeverfahren werden unter dem Deckmantel des angeblichen Kindeswohls verschleiert.

Väter versuchen möglichst viel Kontaktrecht oder sogar das Doppelresidenzmodell gerichtlich zu erwirken um Kindesunterhalt zu sparen und möglichst viele machtvolle Einflussmöglichkeiten auf das weitere Leben ihrer Expartnerinnen zu haben. Besonders deutlich wird das wenn sie gar keine Zeit haben sich wirklich um die Kinder zu kümmern,auf jederzeitigen Abruf ihr Kontaktrecht haben möchten oder die Betreuung wieder, meist an andere Frauen, auslagern.

These 4: Frauen werden in familiengerichtlichen Verfahren häufig psychologisiert oder pathologisiert. Männern wird Rationalität zugeschrieben.

Die starke emotionale Betroffenheit von Müttern im Verfahren – es geht um ihre Kinder und ihr Leben mit ihnen,wird ihnen nicht selten zum Vorwurf gemacht. Es findet sich in gerichtlichen Protokollen eine eigenartige psychologische Bewertung von Frauen, während die Aussagen von Männern uninterpretiert beim „Wort genommen werden“.

Bei manchen derzeitigen Verläufen von Verfahren ist es ein Wunder, dass Frauen es überhaupt schaffen halbwegs ruhig zu bleiben. Eigentlich müssten sie laut aufschreien. Die Psychologisierung ist ein altbekanntes Mittel um die Positionen von Frauen zu schwächen, sie zu Infantilisieren und ihre Aussagen nicht ernst nehmen zu müssen.

Resumeé:
Wenn die Gleichverteilung der Kinder und Familienarbeit ein Anliegen dieser Gesellschaft wäre müssten aktive politische und soziale Schritte unternommen werden damit Frauen und Männer sich nicht für die traditionelle Rollenverteilung entscheiden.

Solange die traditionellen Geschlechtsrollen in Österreich die vorrangigen Lebensformen sind, können die derzeitigen psychojuristischen Instrumente zu massivem Machtmissbrauch gegenüber Müttern und Kindern führen.

Das kann sich durch folgendes Vorgehen zeigen:

Das Verdrehen von Fakten zu ungunsten der Frauen (z.B. die sehr starke generalisierte Unterstellung, dass Mütter versuchen würden den Vätern die Kinder zu entziehen. Ich kenne vorrangig das Gegenteil – Mütter bemühen sich hartnäckig, Väter zu verstärktem Engagement zu bewegen)

Das Aufkündigen von Arbeitsteilungen die das Paar zu Beginn der Beziehung gemeinsam beschlossen hat – ohne angemessenen Ausgleich für die wegen der Familienarbeit finanziell/beruflich benachteiligte Partnerin.

Die Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen und Kinder oder in besonders schlimmen Fällen die Täter-Opferumkehr.

Die Abwertung und Missachtung der Verzweiflung von Frauen durch abwertende Psychologisierungen ihrer Gefühle.

Als letzten Punkt möchte ich die Belastung der Frauen und Kinder durch sehr lange andauernde Verfahren erwähnen. Nicht selten dauern familienrechtliche Verfahren mehrere Jahre und sind sie abgeschlossen können sie durch einen Neuantrag, eine Anzeige jederzeit wiedereröffnet werden. Ich denke, dass diese jahrelangen auch juristisch geführten Konflikte,Mütter und ihre Kinder erschöpfen und zu großen psychischen Beschädigungen führen.


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Obsorge und Kontaktrecht in der Praxis - Aussendung Nr. 93, Herbst 2013

Wie in der letzten Aussendung geschildert, sind im Februar 2013 zahlreiche familienrechtliche Neuerungen in Kraft getreten. Ich möchte Ihnen in diesem Beitrag einige Informationen dazu näher bringen. Denn meine Erfahrung ist, dass in der Öffentlichkeit einiges missverständlich transportiert wird.

Rund um die Obsorge

Auch wenn medial immer wieder die gemeinsame Obsorge als einziges Modell propagiert wird, besteht nach wie vor die Möglichkeit, sich im Zuge der einvernehmlichen Scheidung für die alleinige Obsorge eines Elternteils zu entscheiden. Der andere Elternteil hat dann Informations- und Äußerungsrechte sowie Kontaktrecht, die letzte Entscheidung liegt aber bei demjenigen, der die alleinige Obsorge hat. Diese rechtliche Möglichkeit ist immer in Erwägung zu ziehen, da es nicht die „automatische“ gemeinsame Obsorge gibt.
Wenn Sie Zweifel haben, ob die gemeinsame Obsorge mit Ihrem Exmann sinnvoll ist, dann im Folgenden einige Gedanken dazu:

Ist einer dieser Punkte oder gar mehrere bei Ihnen ein Thema, dann ist zu überdenken, ob die gemeinsame Obsorge im Sinne des Kindeswohls nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollte.

Rund um das Kontaktrecht

Die Erfahrung zeigt, dass Obsorge und Kontaktrecht häufig vermischt werden. Das Kontaktrecht ist jedoch unabhängig von der Frage der Obsorge zu sehen. Häufig meinen Väter, wenn sie die Obsorge einklagen, dann ließen sich das Kontaktrecht betreffende Probleme lösen. Doch dem ist nicht so. Bei Obsorgestreitigkeiten geht es in Wahrheit meist um das Kontaktrecht. Auch wenn Sie als Mutter die alleinige Obsorge haben, besteht die Möglichkeit, dem Kindesvater ein umfassendes Kontaktrecht einzuräumen. Seit 1. Februar 2013 muss das Kontaktrecht im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung umfassend und detailliert geregelt werden.
Neu ist die sogenannte Wohlverhaltensklausel, die besagt, kein Elternteil darf dem Kind gegenüber den anderen schlecht machen bzw. schlecht über diesen reden. Auch ist neu, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der kontaktberechtigte Elternteil mit dem Kind nicht nur, wie bisher, die Freizeit verbringen, sondern auch den Alltag mit seinem Kind teilen soll.
Das bedeutet: mit dem Kind lernen, zum Arzt gehen etc. Damit soll der hauptbetreuende Elternteil entlastet werden. Und nicht zuletzt: wenn der Vater das Kontaktrecht nicht wahrnimmt und zu vereinbarten Terminen nicht erscheint, dann können Sie als Mutter seit der neuen Regelung für Ihr Kind das Kontaktrecht einklagen. Ebenso besteht die Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern, wenn Kontaktzeiten nicht wie vereinbart eingehalten wurden.
Für Ihre individuelle Lebenssituation empfiehlt sich in jedem Fall eine auf Sie abgestimmte persönliche juristische Beratung.

BARBARA STEKL


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Was ist neu bei Obsorge und Besuchsrecht? - Aussendung Nr. 92, Frühjahr 2013

Mit 1. Februar 2013 hat sich Wesentliches bezüglich Obsorge und Besuchsrecht verändert. Frauenorganisationen sind massiv gegen jeglichen Automatismus bei der Obsorge eingetreten. Doch leider konnten wir eine Neuregelung nicht verhindern. Harmonie und Konsens können nun einmal nicht verordnet werden, gerade was hochstrittige Konflikte betrifft. Es konnte jedoch in politischen Verhandlungen durch Frauenministerin Heinisch-Hosek zumindest eine etwas abgeschwächte Form dieses nun in Kraft getretenen Gesetzes erreicht werden, indem Sie den ausnahmslosen „Automatismus“ und auch die von Väterrechtlern geforderte „Doppelresidenz der Kinder“ herausreklamieren konnte.

Wie war die rechtliche Lage bisher und wie sieht die Neuregelung aus? Im Folgenden ein kurzer Überblick über die neue Rechtslage:

Die Obsorge bei unehelichen Kindern steht mit der Geburt zunächst der Mutter alleine zu. So war die alte Rechtslage und das bleibt auch weiterhin so. Eine gemeinsame Obsorge musste extra beantragt werden, selbst wenn die Eltern zusammen leben. Auch das bleibt nach der neuen Rechtslage so. Neu ist hingegen, dass das gemeinsame Sorgerecht am Standesamt vereinbart werden kann. Der Vater kann aber nicht alleine beim Standesamt die gemeinsame Obsorge erwirken. Beide Elternteile müssen persönlich erscheinen. Eine Vollmacht ist nicht ausreichend. Der Mutter steht innerhalb von acht Wochen ein Einspruchsrecht zu. Sie kann demnach, ohne Angabe von Gründen, ihre Zustimmung zu einer gemeinsamen Obsorge wieder zurücknehmen.

Neu ist jedoch, dass ledige Väter die gemeinsame oder die alleinige Obsorge (auch gegen den Willen der Mutter!) beantragen können. Die Entscheidung darüber liegt bei Gericht.

Die Obsorge bei ehelichen Kindern: Bei Obsorge-Streitfällen soll künftig - egal ob es um eheliche oder uneheliche Kinder geht - eine „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ (Abkühlungsphase) verhängt werden: Das Gericht entscheidet für sechs Monate, bei Gewalt auch früher, über eine vorläufige Lösung. Beide Elternteile sollen in dieser Zeit Kontakt zum Kind haben, wobei einer die hauptsächliche Betreuung übernimmt. Die bisherige Obsorgeregelung, bei ehelichen Kindern also die gemeinsame, bleibt vorerst aufrecht. Nach den 6 Monaten entscheidet dann das Gericht über den Antrag und es sollte nach der gesetzgeberischen Absicht in die Entscheidung einfließen lassen, wie dieses halbe Jahr zwischen den Eltern verlaufen ist.

Nach dieser Zeit hat das Gericht auch aufgrund der Erfahrungen in dieser Beobachtungsphase über die endgültige Sorgerechtsregelung zu entscheiden. Würde dieser Zeitraum dem Kindeswohl widersprechen, dann kann auch rascher entschieden werden. Schon bisher war es so, dass die gemeinsame Obsorge bei ehelichen Kindern grundsätzlich auch nach der Trennung aufrecht blieb. Beantragte jedoch ein Elternteil die alleinige Obsorge, konnte das Gericht auch nur einem der beiden die alleinige Obsorge zusprechen, was unserer Ansicht nach sinnvoll war. NEU: Seit Februar 2013 kann das Gericht jedoch auch bei strittigen Scheidungen (und gegen den Willen der Eltern!) eine gemeinsame Obsorge verhängen, wenn es, so das Gericht, dem Kindeswohl entspricht. Wie bereits eingangs angesprochen, ist diese nunmehr bestehende gesetzliche Möglichkeit, die gemeinsame Obsorge gegen den Willen eines Elternteils zu verhängen, höchst problematisch.

Neu ist ebenfalls, dass das Besuchsrecht zum „Kontaktrecht“ wird. Eltern haben rechtlichen Anspruch auf Kontakt zu ihrem Kind. Damit das Besuchsrecht künftig besser eingehalten wird, gibt es einen Maßnahmenkatalog: So kann der Richter beispielsweise den Besuch einer Familienberatung anordnen. Neu ist auch, dass die Eltern bei einvernehmlichen Trennungen schon zum Zeitpunkt der Scheidung eine Regelung über das Kontaktrecht treffen müssen. Das Gericht hat nötigenfalls, insbesondere bei Gewalt, die persönlichen Kontakte einzuschränken oder zu untersagen. Neu wurde auch ins Gesetz aufgenommen, dass der Kontakt des nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils, nach wie vor überwiegend der Vater, nicht bloß ein Recht ist, sondern auch eine Pflicht. Deshalb kann nunmehr das Kontaktrecht auch vom Kind dem Vater gegenüber eingefordert werden, was bisher nicht möglich war.

Das Wohl des Kindes ist ein wesentliches Kriterium und wird erstmals umfassend im Gesetz definiert: etwa die umfassende Versorgung, die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz, aber auch Wertschätzung des Kindes und Förderung seiner Anlagen, um nur einige Kriterien aus dem Katalog zu nennen.

Wie sich die neuen Regelungen im Einzelnen auswirken werden, ist noch nicht abzusehen. Es wird in erster Linie darauf ankommen, wie die Gerichte im Konfliktfall die neuen Regelungen anwenden werden. Umso wichtiger ist eine umfassende rechtliche Beratung, in der auf die persönliche Situation der Frau Bezug genommen werden kann.

BARBARA STEKL


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Die Sorge mit der Obsorge - Aussendung Nr. 88, Frühjahr 2011

Seit einiger Zeit fordern Vätervertreter massiv die automatische gemeinsame Obsorge auch nach einer Scheidung. Mit Erstaunen ist zu beobachten, dass mit dieser angestrebten Gesetzesänderung - nämlich der verpflichtenden gemeinsamen Obsorge - die Lösung aller diesbezüglichen Probleme und Konflikte erwartet wird. Weshalb infolge einer automatischen gemeinsamen Obsorge diese paradiesischen Zustände schlagartig entstehen sollen, ist jedoch den Erklärungen nicht zu entnehmen. Ganz im Gegenteil wäre dadurch eine Vervielfältigung und Verlängerung strittiger Verfahren zu erwarten.
Es wird in den Diskussionen davon ausgegangen, dass Mütter den Vätern nach einer Scheidung die Kinder prinzipiell entziehen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: aus meiner Beratungspraxis kann ich berichten, dass der Großteil der Frauen, die in die Beratung kommen, den Kontakt zwischen Vater und Kind als wünschenswert empfinden. Viele Frauen würden den Kontakt und die Mitbetreuung durch den Vater der Kinder begrüßen und dies auch als entlastend empfinden. Praktische Realität ist aber leider, dass sehr häufig Väter durch Abwesenheit glänzen und Frauen daher die Alleinbetreuung der Kinder übernehmen müssen.
Die Folge der auch in den Medien geführten Diskussion ist eine große Verunsicherung der betroffenen Frauen. In Folge dessen wird in der Beratung häufig die Frage gestellt, ob denn die "automatische gemeinsame Obsorge" jetzt bereits Gültigkeit habe.

Die Antwort darauf lautet: Nein! Nach wie vor besteht bei einer einvernehmlichen Scheidung folgende Wahlmöglichkeit:

Variante 1: Die Eltern vereinbaren weiterhin die gemeinsame Obsorge mit der Festlegung des Hauptwohnsitzes des Kindes bei einem Elternteil. In dieser Variante bleibt der in der Ehe bestehende Status der „gemeinsamen Obsorge“ aufrecht.
Variante 2: Ein Elternteil erhält die alleinige Obsorge. Dies geht entweder, wenn sich die Eltern einigen, dass beispielsweise die Mutter nach der Scheidung die alleinige Obsorge erhalten soll oder wenn das Gericht dies auf Antrag entscheidet.

Die Obsorge ist also ein Punkt, über den sich die Scheidungswilligen einigen müssen, damit eine einvernehmliche Scheidung zustande kommt. Im Streitfall entscheidet das Gericht im Sinne des Kindeswohls. Wir empfehlen immer gut abzuwägen, ob mit dem Kindesvater eine gemeinsame Obsorge auch tatsächlich möglich und sinnvoll erscheint und wir unterstützen Sie bei dieser Entscheidung mit Beratung.

BARBARA STEKL


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Die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare
Aussendung Nr. 86, Frühjahr 2010

Endlich wurde auch in Österreich eine Rechtsgrundlage für das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare geschaffen, das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft.

Seit 1.1. 2010 ist die "Verpartnerung", das heißt die Eintragung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft möglich. Die Voraussetzungen dafür sind Gleichgeschlechtlichkeit, Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit. Die Eintragung erfolgt bei der Bezirksverwaltungsbehörde, also den Bezirkshauptmannschaften beziehungsweise Magistraten. Sollten die Partner sich wieder trennen wollen, dann ist das Bezirksgericht zuständig, das die Partnerschaft auflösen kann. Eine eingetragene Partnerschaft führt nicht automatisch zu einem gemeinsamen Nachnamen. Allerdings kann man den Namen des anderen annehmen, auch die Möglichkeit eines Doppelnamens besteht. Die eingetragene Partnerschaft beinhaltet auch Pflichten: Im Zuge der Beistandspflicht müssen etwa beide Partnerinnen für die Deckung der Lebensbedürfnisse sorgen. Im Fall einer "Auflösung" der Partnerschaft kann es zu verschuldensabhängigen Unterhaltspflichten kommen. Die Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse erfolgt nach dem Vorbild der eherechtlichen Bestimmungen. Grundsätzlich wird nur Vermögen aufgeteilt, das während der Partnerschaft geschaffen wurde. Außerdem können auch geerbte oder eingebrachte Wohnungen aufgeteilt werden, wenn es die Umstände verlangen.

Gesetzesanpassungen:

Im Zuge des neuen Gesetzes zur eingetragenen Partnerschaft gibt es auch Anpassungen in anderen Gesetzen - etwa im Zivil- und Strafrecht, Abgaben-, Fremden-, Arbeits-, Sozial- und Sozialversicherungsrecht. Damit werden die Rechte der Betroffenen in einigen Punkten an jene von Eheleuten angeglichen, beispielsweise im Zusammenhang mit erbrechtlichen Bestimmungen oder dem Anspruch auf Hinterbliebenenpension. Ebenso dürfen eingetragene Partnerinnen künftig in Strafprozessen gegen ihre Partnerin die Aussage verweigern, weil sie als Angehörige gelten. Bei Kindern gibt es einen Unterschied zur Ehe: Die Adoption eines Kindes ist homosexuellen Paaren nicht erlaubt, ausgeschlossen ist auch die Adoption des Kindes der Partnerin oder des Partners. Auch "medizinisch unterstützte Fortpflanzung", also künstliche Befruchtung, ist nicht erlaubt.

BARBARA STEKL


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Neue Rechte für Opfer von Gewalttaten
Psychosoziale und juristische Prozessbegleitung

Etliche Jahre bereits forderten immer wieder Expertinnen von Opferschutzeinrichtungen eine Implementierung von Rechten für Opfer. Der bloße ZeugInnenstatus in einem Verfahren war mehr als unbefriedigend und stand einerseits dem entsprechenden Schutz andrerseits der Sicherung von Rechten und angemessener Entschädigung der Opfer entgegen.
Bisher war es eben nur möglich im Rahmen des Privatbeteiligtenanschlusses sich als Opfer dem Verfahren anzuschließen. Durch die Novellierung der Strafprozessordnung (StPO) ist dies nicht mehr notwendig.

Was ist nun neu?
Zum einen wurde der Begriff "Geschädigter" zugunsten des allgemeinen Begriffs "Opfer" fallen gelassen. Dieser Reformschritt wurde mit 1.1.06 vorgezogen. Zur besseren Unterscheidung und da unterschiedliche Konsequenzen jeweils damit verbunden sind, wurden verschiedene Opferkategorien eingeführt. So wurden zusätzliche besondere Opferrechte für "Gewaltopfer" und "Sexualopfer" geschaffen.

Demnach haben Opfer das Recht,

Für "Gewaltopfer" und "Sexualopfer" gibt es zusätzlich besondere Opferrechte, nämlich die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung: diese wird gewährt, soweit dies zur Wahrung ihrer prozessualen Rechte, unter Bedachtnahme auf ihre persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Es ist wichtig, dass Opfer von Gewalt ihre Ängste vor einer Strafverhandlung besprechen können, dass sie vorher über den Ablauf informiert werden und nicht alleine zu Einvernahmen und Gerichtsterminen gehen müssen. Die psychosoziale Prozessbegleitung umfasst zur emotionalen Unterstützung die Vorbereitung der Opfer auf das Strafverfahren sowie die Begleitung zu Gericht. Das Bundesministerium für Justiz hat geeignete Einrichtungen vertraglich mit dieser Prozessbegleitung zu beauftragen. Die juristische Prozessbegleitung ermöglicht die rechtliche Beratung und Vertretung durch Rechtsanwältinnen.

Mit diesen Neuregelungen, basierend auf der Einführung des Begriffs "Opfer" in die Strafprozessordnung, ist ein ganz wesentlicher Schritt gelungen, der schon längst dringend nötig war. Die Umsetzung in der Praxis darf mit einem gewissen Optimismus erwartet werden, zumal nun im Gesetz Regelungen vorliegen, die dem Opfer einen neuen Status verschaffen.

Nähere Informationen zur Prozessbegleitung und Beratungsstellen, die diese anbieten finden Sie auf:

www.prozessbegleitung.co.at
www.aoef.at/aktuell/10j/Prozessbegleitung.pdf


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Verbesserungsvorschläge zum Sorgerecht

Viele Frauen wenden sich an uns mit Konflikten zu den Themen Obsorge und Besuchsrecht nach einer Trennung bzw. Scheidung. Ein Teil dieser Frauen steht unter großem Druck durch ihre Expartner, die entweder nur einer Scheidung zustimmen, wenn sie - trotz zu erwartender Unvereinbarkeiten - die gemeinsame Obsorge erhalten oder sich das Sorgerecht durch Verzicht auf Ehegattinnenunterhalt "abkaufen" lassen wollen. Besuchsrechtskonflikte sind eine weitere häufige Problematik in unserer Beratungsstelle.
Hier liegen die Schwierigkeiten einerseits in Manipulationsversuchen von Vätern, die oft aus einem Gefühl der Kränkung heraus die bisherigen Machtkämpfe über das rechtlich legitimierte Mittel der gemeinsamen Obsorge versuchen weiterzuführen und diese als formale Möglichkeit benützen, weiter Kontrolle über ihre frühere Partnerin auszuüben, andererseits in nicht eingehaltenen Besuchszeiten. Zur Erinnerung: Kinder müssen von ihren Müttern dazu angehalten werden, den Besuchskontakt mit dem Vater wahrzunehmen, Väter hält niemand dazu an, die Besuchszeiten auch tatsächlich mit ihren Kindern zu verbringen.

Im Anhang listen wir einige Verbesserungsvorschläge auf, die von rechtlicher und institutioneller Seite präventiv zu einer Entschärfung vieler Konflikte beitragen können.

BETTINA ZEHETNER


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Arbeitslosenversicherung und Lebensgemeinschaft - oder wie der Gesetzgeber Abhängigkeiten schafft

Während die Lebensgemeinschaft explizit keine eigene Rechtsgrundlage hat, so findet sie dennoch in einigen Gesetzen Eingang, jedoch leider nicht selten zum Nachteil der Lebensgefährtinnen.
Ein solches Negativbeispiel, welches eine Existenzgefährdung der Lebensgefährtin bedeuten kann, ist der § 36 Abs.2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes: Hier heißt es, dass bei der Entscheidung ob Notstandshilfe gewährt wird, nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeitslosen selbst, sondern auch die ihres Lebensgefährten, mit dem sie im gemeinsamen Haushalt lebt, zu berücksichtigen sind.
Die Kritik an dieser Regelung liegt auf der Hand: Obwohl sich - im Gegensatz zur ehelichen Situation - kein Unterhaltsanspruch der (arbeitslosen) Frau gegenüber ihrem Lebensgefährten ableiten lässt, muss sie sich dennoch das Einkommen ihres Lebensgefährten anrechnen lassen, auf das sie jedoch keinerlei Anspruch hat.
Es wurde mit dieser Regelung eine höchst unsinnige Fiktion geschaffen, nämlich jene, dass das Einkommen des Mannes ein Familienkommen sei, was in der Realität völlig falsch ist! Das bedeutet: die Frau hat weder einen Notstandshilfe- noch einen Unterhaltsanspruch und ist auf das "Wohlwollen" ihres Lebensgefährten angewiesen. Diese Regelung fördert nicht nur unzumutbare emotionale und wirtschaftliche Abhängigkeiten, sie gefährdet auch die Existenz.
Häufig sind Frauen auch nicht über die rechtliche Situation in der Lebensgemeinschaft informiert. Das führt dazu, dass sie sich in einer Scheinsicherheit wiegen, in der Annahme der andere müsse ohnedies für sie sorgen. Eine Änderung dieser Bestimmung ist dringend erforderlich!

BARBARA STEKL


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Armut ist zukunftssicher - Aussendung Nr. 77, Herbst 2005

Armut - gibt es das in Österreich überhaupt?

Bei Armut denken viele Menschen an Hunger, Kälte, Wohnungslosigkeit etc. Obwohl auch diese Formen von Armut in Europa existieren, greift diese extreme Auslegung des Begriffes zu kurz.

Armut bedeutet in erster Linie Ausgrenzung von, in einer Gesellschaft üblichen, Lebensstandards und Ressourcen. Diese Ausgrenzung passiert durch die Unmöglichkeit der Teilhabe an allgemeinen Standards von Wohnen, Essen, Bekleidung, soziales Leben, Bildung und Kultur.

Armut bewirkt einen Mangel an Möglichkeiten, am Leben teilzuhaben und fatalerweise auch eine starke Einschränkung der individuellen Strategien, die Situation verbessern zu können. Armut bewirkt häufig auch Einsamkeit - die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen oder Beziehungen zu pflegen sind eingeschränkt. Armut macht krank. Armutsgefährdete Menschen sind im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt doppelt so oft "gesundheitlich stark beeinträchtigt".

In Österreich sind 1.044.000 Menschen armutsgefährdet. Das sind 13,2 % der Bevölkerung. Frauen sind überdurchschnittlich betroffen. Selbst berufstätige Frauen liegen über dem österreichischen und dem männlichen Durchschnitt.
31,4 % aller Alleinerziehenden sind Armutsgefährdet - das bedeutet, dass ein Drittel aller AlleinerzieherInnen und ihre Kinder in Österreich in Armut leben.

Haushalte mit männlichen Hauptverdienern sind zu 10,8 % betroffen mit weiblichen Hauptverdienern mit 19,6 %. Wie wir aus dem Alltag der Beratungsarbeit wissen, sagt das Haushaltseinkommen nicht viel über die Verteilung der Ressourcen in einem Haushalt aus.
Viele Frauen, die in Ehen mit gutverdienenden Männern leben, sind von Armut betroffen.

KATJA RUSSO


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Wofür wir uns schämen und wie uns das bewegt
Aussendung Nr. 82, Frühjahr 2008

Wer sich schämt will sich verbergen, im Erdboden versinken, sich den Blicken entziehen. Dieses Verschwinden - Wollen und das Verbergen des eigenen Gefühls- und Innenlebens charakterisiert zahlreiche schamvolle Ereignisse.
Die mimische Ausdruckslosigkeit ist Mittel der Verteidigung gegen peinliches Gesehenwerden - ist bereits eine Reaktion auf das Schamempfinden.
Scham ist ein Gefühl das zumeist nur in Verhüllung und Maskierung erscheint. Die gewitzte Antwort auf Beschämung ist bereits der Versuch sich der ärgsten Nöte der Schamerlebnisse zu erwehren - nämlich des wehrlosen Ausgeliefert - Seins an den Blick und die Beurteilungen der Anderen. Dieses Verbergen bezieht sich nicht nur auf die Umwelt, sondern mindestens ebenso sehr auf den eigenen inneren Blick.

Zeichen von Scham können sein:
Schüchternheit, sozialer Rückzug, Arroganz, Flucht in Suchtmittel, Aggression und Gewalttätigkeit als Reaktion: "du kannst mir nichts anhaben", "du bist mir egal" oder "ich bin doch stärker als du"

Scham entsteht bei:

Scham entsteht in verschiedenen Kulturen bei unterschiedlichen Anlässen. So mögen Jugendliche schamvoll verbergen, dass sie noch keine/n Freund/in haben. Während alte Menschen sich für ihre sexuellen Gefühle und Aktivitäten schämen. Bescheidenheit kann genauso ein Ausdruck von Scham sein wie egoistisches Verhalten Scham auslösen kann.
Scham ist immer auch ein Ausdruck von gewünschtem bzw. unerwünschtem Verhalten in einer bestimmten Kultur bzw. Subkultur. Die Besonderheit von Scham liegt in dem unbewussten gegenseitigen Einverständnis von beschämenden und beschämten Menschen, dass die entstandene Situation, das gezeigte Verhalten schämenswürdig ist. Die beschämte Frau widerspricht durch ihr Verhalten, durch ihre Lebenssituation, durch das was ihr passiert ist ihren eigenen inneren Werten - diese innere "Verurteilung" macht es besonders schwer sich gegen Beschämungen zu wehren.

Was bedeutet Scham für "armen" Frauen:
Arme Frauen erleben sich als schwache Mitglieder unserer Gesellschaft. Ihre Schwäche können sie nur teilweise verbergen. Eine Möglichkeit sich der Scham zu entziehen ist der Rückzug aus Situationen in denen Scham spürbar werden könnte. Sie vermeiden Kontakte und Freizeitaktivitäten nicht nur weil es die finanziellen Möglichkeiten verwehren sondern auch um die Diskrepanz zwischen ihrer Situation und der Situation der Anderen nicht spüren und sehen zu müssen.
Arme Frauen sehen sich selbst als inkompetent. Oft zweifeln sie an ihren Fähigkeiten, da es doch offensichtlich ist, dass sie nicht geschafft haben was sonst alle schaffen.
Arme Frauen sind Verletzungen der Intimitätsgrenzen stärker ausgesetzt. Gerade Hilfsangebote sind oft mit der Auflage verbunden intime Details offen zu legen. Die Geschichte des Scheiterns möglichst eindrucksvoll und detailliert zu beschreiben, jeder Millimeter Schutzwall und Intimitätsgrenze kann Hilfe und Unterstützung verwehren. Die helfende Person muss ganz genau "wissen", "verstehen" und "nachvollziehen" können, warum die Situation so ist wie sie ist. Sie macht einen "Ressourcen und Kompetenz-check", stellt Ziele und Prognosen auf. Aufgrund der allgemeinen Zuständigkeit von Frauen für ihre Kinder sind sie stärker der sozialen "Hilfe" und "Kontrolle" von öffentlichen Institutionen ausgesetzt als Männer.
Arme Frauen fühlen die Diskrepanz zwischen Ideal und Realität. Sie haben sich ihr Leben anders vorgestellt, wollten es besser machen - vielleicht anders als ihre Mütter und Großmütter - sie hatten doch auch viel mehr Möglichkeiten. Sie haben es nicht geschafft und sind von sich selbst enttäuscht.
Arme Frauen fühlen die Abhängigkeit, vom Jugendamt, vom AMS, vom Vater der Kinder, vom Partner etc. Arme Frauen denken viel über Schuld nach.

Der Umgang mit Schamerfahrungen bindet viel Energie, verstärkt Selbstzweifel und verleitet Frauen dazu möglichst in eine Art Unsichtbarkeit zu verschwinden.

Literatur:
Hilgers, Micha : "Scham" Gesichter eines Affekts, Vandenhoeck + Ruprecht 2006
Wurmser, Léon: "Die Maske der Scham" Psychoanalyse von Schamaffekten und Schamkonflikten, Springer 1993


KATJA RUSSO


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